Sie nahmen alsbald einen großartigen Aufschwung und wurden im 16. Jahrhundert wohl so zahlreich wie heutzutage. Diesen Festen zogen die Spielleute natürlich in Scharen zu und errangen sich dabei sogar eine offizielle Stellung; das war das Amt des Pritschenmeisters. Den Namen hatte er vom fächerartig gespaltenen Holz, der Pritsche, das auch bei sanftem Schlage laut klatscht. Die Tätigkeit des Pritschenmeisters an einem Schützenfeste war nun recht vielseitig. Mit der Narrenkappe und einem bunten Kleide angetan, das meistens die Farben der festgebenden Stadt zeigte, mit der Pritsche in der Hand, suchte er des Morgens die Festteilnehmer zusammen und brachte sie auf einen freien Platz, wo er nun den Festzug zu organisieren hatte. Unterwegs und auf dem eigentlichen Festplatze drängte er mit der Pritsche die zudringlichen Gaffer zurück. Nach der Prüfung der Waffen begann das Schießen, und nun waren es die unaufhörlichen Witze des Pritschenmeisters, die hier den Schützen belobten, dort mit Verabreichung eines Pritschenschlages den Fehlschuss bespöttelten. Am Festessen hielt er lustige Festreden, gereimte und ungereimte, und sorgte auch sonst irgendwie für Unterhaltung. Nach Beendigung jedes Waffenganges betrat der Pritschenmeister seine Bühne, rief die besten Schützen heran, bedachte sie mit einer gereimten Ansprache, lobte sie und erteilte ihnen den Preis, der unter anderem auch in einer Fahne bestand. Die schlechten Schützen wurden wieder gehörig verhöhnt. Nachher zerstreute sieh das lustige Volk in alle Winde. |
Buchdruckerkunst – Untergang einer Kulturerscheinung? Das änderte sich freilich mit dem 17. Jahrhundert, wo die Pritschenreimer von den Trägern einer neu erwachenden Poesie nicht mehr als zur Zunft gehörend angesehen und bei jeder Gelegenheit ausgelacht und verspottet wurden. Aber noch ein anderes ist es, was den Fahrenden das Szepter entwunden hat: das ist die Buchdruckerkunst. Anfänglich profitierten sie in ausgiebiger Weise von dieser neuen Erfindung, ließen ihre Mordgeschichten, ihre Lieder und Sprüche drucken, oft in verschwenderischer Ausstattung, und fanden so für ihre Produkte rasche und weite Verbreitung. Aber mit der zunehmenden Bildung und vor allem mit der Entstehung von regelmäßig erscheinenden Zeitungen erreichte auch diese Herrlichkeit ein Ende. Immerhin verdanken wir der Buchdruckerkunst die Erhaltung einer großen Anzahl solcher Sprüche und Lieder, ohne die uns der tiefere Einblick in eine Kulturerscheinung des 16. und des 17. Jahrhunderts versagt wäre. |